Endlich verständlich: KI-Verfahren einfach erklärt (2024)

Wissenschafts­jahr 2019: »Künstliche Intelligenz« Die Arbeitswelten der Zukunft werden entscheidend von der Entwicklung Künstlicher Intelligenz geprägt sein. Das Wissenschaftsjahr 2019 wird sich mit den Chancen und Herausforderungen dieser Technologie auseinandersetzen.

Für viele Anwender und Interessierte sind Algorithmen der Künstlichen Intelligenz undurchdringbare Blackboxes. Tatsächlich gibt es Verfahren, die selbst für Experten schwer zu fassen sind. Gleichzeitig aber sind die Abläufe vieler leistungsfähiger Algorithmen relativ leicht zu verstehen, ohne dass man Experte oder Expertin für KI sein muss.

Ich möchte in diesem Blogbeitrag auf drei solcher Verfahren näher eingehen und vor allem potenziellen Anwendern von KI dabei helfen, KI-Verfahren besser beurteilen zu können und damit den Einstieg in den eigenen Anwendungsfall zu erleichtern.

1. Entscheidungsbäume

Entscheidungsbäume sind die denkbar einfachsten Algorithmen. Hier werden Entscheidungsmöglichkeiten ähnlich den Verzweigungen einer Baumkrone dargestellt.


Quelle: https://www.aitimejournal.com/@akshay.chavan/a-comprehensive-guide-to-decision-tree-learning

Der vorliegende exemplarische Entscheidungsbaum-Algorithmus soll entscheiden, ob ein Mensch sportlich fit ist oder nicht. Dazu wird eine Reihe an Fragen durchlaufen, beispielsweise mit einem Chatbot, der Kunden Fragen stellt. Jede Antwort entscheidet darüber, welche Frage als nächstes gestellt wird. In unserem Beispiel: Ist der betrachtete Mensch 35, so wird anschließend gefragt, ob er sich sportlich betätigt. Ist er 17, erscheint die Frage nach Essensgewohnheiten wie häufigem Pizzaessen relevanter. Am Ende eines jeden Pfades steht eine Zuordnung zur Klasse »fit« oder »nicht fit«.

Der Clou ist nun der, dass der Algorithmus selber lernt, welche Fragen zu stellen sind und wie die Fragen je nach Antwort angeordnet werden müssen. Dies geschieht ohne aktives Zutun anderer. Er »lernt«, weil er nicht irgendwelche Fragen stellt, sondern intern nach gewissen Kriterien optimiert (ohne dass man es als Benutzer mitkriegen würde). Ein solches Kriterium könnte etwa die Teilungsgüte sein: Die zu durchlaufenden Fragen (oder Splits) werden so gewählt, dass eine möglichst trennscharfe Unterteilung zwischen den zwei Zielklassen (»fit« oder »nicht fit«) erreicht wird. Das Alter, Pizzaessen und körperliche Betätigung haben sicherlich großen Einfluss auf den sportlichen Zustand eines Menschen und werden entsprechend gewichtet.

2. Lineare Regression

Dieses Verfahren ist dem einen oder anderen bestimmt geläufig. Stellen Sie sich vor, sie versuchen den universitären Notendurchschnitt von zukünftigen Studenten anhand ihrer schulischen Notendurchschnitte vorherzusagen.


Quelle: http://onlinestatbook.com/2/regression/inferential.html

Die schwarzen Punkte zeigen Wissen aus der Vergangenheit: Den schulischen Notendurchschnitt von Studenten, deren universitärer Notendurchschnitt bereits bekannt ist. Der Algorithmus errechnet nun eine optimale Ausgleichsgerade (hier rot dargestellt; optimal heißt dabei, dass die Abweichungen in Summe möglichst klein sind). Diese Ausgleichsgerade zeigt also das bisherige Verhältnis von Schulnoten zu Hochschulnoten und lässt sich auf neue Studentengenerationen übertragen. So kann unser Algorithmus eine Prognose über den universitären Notendurchschnitt abgeben.

3. k-Nearest-Neighbor-Algorithmus (kNN)

Mit diesem Algorithmus lassen sich zu einem gegebenen Datenpunkt ähnliche Datenpunkte (»Nachbarn«) finden und den gegebenen Datenpunkt dann derjenigen Klasse zuordnen, welche bei den Nachbarn überwiegt.

Was abstrakt klingt, lässt sich leicht veranschaulichen: Stellen Sie sich vor, Sie sind Hautarzt und haben in der Vergangenheit viele Muttermale als gut- oder bösartig klassifiziert. Dabei vermuten Sie, dass die Länge und Breite des Muttermals eine entscheidende Rolle spielen. Aus vergangenen Diagnosen wissen sie also, welche Kombination von Länge und Breite zu welchem Ergebnis geführt hat. Um die zukünftige Diagnostik zu unterstützen, nutzen Sie den kNN. Auf der x-Achse tragen Sie die Breite, auf der y-Achse die Länge auf. Blau bedeutet gutartig, rot bösartig. Der gelbe Punkt steht für ein noch unklassifiziertes Muttermal. kNN soll Sie dabei unterstützen, eine Diagnose zu treffen.


Quelle: Fraunhofer IAO

Das k im Namen kNN steht übrigens für die Anzahl der zu betrachtenden Nachbarn. Natürlich kann der Algorithmus zu verschiedenen Ergebnissen kommen, je nachdem, wie k gewählt wird.

Wählen Sie k=3, so wird der Algorithmus das neue Muttermal (also den gelben Punkt) als gutartig klassifizieren (d.h. der blauen Klasse zuordnen), denn zwei von drei Nachbarn sind blau und nur einer von drei Nachbarn ist rot). Wählen Sie hingegen k=5, so überwiegen die roten Nachbarn (drei von fünf) und das neue Muttermal wird als bösartig klassifiziert.

Die Suche nach dem optimalen k stellt eine nicht-triviale Aufgabe dar und hängt stark vom Anwendungsfall ab. Ebenso muss man sich Gedanken machen, wie man »Abstand« oder »Nachbarschaft« definiert. Bei Zahlen im zweidimensionalen Raum (wie im Beispiel) geht das einfach. Aber auch für höherdimensionale Räume stehen Standard-Maße zur Verfügung.

Weitere Anwendungsfälle der oben genannten Verfahren sind

  • automatische Bestimmung eingehender Dokumente (z.B. Rechnung, Mahnung oder Terminanfrage)
  • selbstständige Extraktion von Namen, Adressen, Datumsangaben etc.
  • Vorhersage laufender oder zukünftiger Prozesse, zum Beispiel Fertigungsprozesse

Hat man einmal das Grundprinzip verstanden, ist der Schritt zur nächsten Verallgemeinerung oder Weiterentwicklung der Verfahren nicht mehr so groß. Auch bei komplexeren Algorithmen ist nicht mehr entscheidend, die genaue Funktionsweise zu verstehen, sondern zu wissen, welche Verfahren sich für welche Problemstellungen eignen und welche Stellschrauben es jeweils gibt, um die Vorhersagegüte der Verfahren zu erhöhen.

Wer tiefer in die Thematik einsteigen will, ist herzlich eingeladen, unsere kostenlose Seminare im November zu besuchen oder mich direkt anzusprechen – ich freue mich auf Ihre Fragen und Ihre KI-Anwendungsideen!

Blogreihe: Business Innovation Engineering Center BIEC – Künstliche Intelligenz nutzen
Mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, trotz guter Auftragslage heute, ihre Produkte, Organisationsformen und Geschäftsmodelle von morgen vorauszudenken. Wie können die eigenen Geschäftsprozesse mit Hilfe von KI verbessert werden? Welche Potenziale für neue Geschäftsmodelle schlummern in KI-Anwendungen? In der Blogreihe gibt das BIEC als Innovationspartner des Mittelstands Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um Digitalisierung und Transformation.

Endlich verständlich: KI-Verfahren einfach erklärt (6)

Leselinks:

  • Seminar »Data Science und Künstliche Intelligenz« am 13./14. November 2019
  • Veranstaltung »Künstliche Intelligenz: Was ist für mich drin?« am 20. November 2019
  • Veranstaltung »Textverstehen mit Künstlicher Intelligenz« am 20. November 2019
  • Alle Beiträge zum Wissenschaftsjahr 2019 »Künstliche Intelligenz«
  • Alle Beiträge zur Blogreihe »Business Innovation Engineering Center BIEC – Künstliche Intelligenz nutzen«
  • Alle Veranstaltungen zum Thema »Künstliche Intelligenz«

Marc Hanussek

Autorenprofil

Kategorien: Digitalisierung, Künstliche Intelligenz
Tags: AI - Artificial Intelligence, Business Innovation Engineering Center BIEC - Künstliche Intelligenz nutzen, KI - Künstliche Intelligenz, Wissenschaftsjahr 2019 - Künstliche Intelligenz

Endlich verständlich: KI-Verfahren einfach erklärt (2024)

FAQs

Welche 2 Methoden gibt es KI zu programmieren? ›

Maschinelles Lernen und Deep Learning sind beide Arten von KI. Kurz gesagt: Maschinelles Lernen ist KI, die sich automatisch und mit minimalen menschlichen Eingriffen anpassen kann.

Welche vier Arten von KI gibt es? ›

Um das Potenzial von KI zu kategorisieren und zu verstehen, wird sie im Allgemeinen in vier verschiedene Typen eingeteilt: reaktive KI, KI mit begrenzter Speicherkapazität, Theory of Mind und KI mit Selbsterkenntnis.

Wie funktioniert KI kurz erklärt? ›

KI ermöglicht es technischen Systemen, ihre Umwelt wahrzunehmen, mit dem Wahrgenommenen umzugehen und Probleme zu lösen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Computer empfängt Daten (die bereits über eigene Sensoren, zum Beispiel eine Kamera, vorbereitet oder gesammelt wurden), verarbeitet sie und reagiert.

Wie funktioniert Knn? ›

Er basiert auf dem einfachen Prinzip, dass ähnliche Objekte nahe beieinander liegen. Der Algorithmus klassifiziert unbekannte Punkte basierend auf den Klassen der 'k' Punkte, die diesem unbekannten Punkt am nächsten liegen. Hierbei bezeichnet 'k' die Anzahl der betrachteten nächsten Nachbarn.

Was ist der Unterschied zwischen einer KI und einer AI? ›

Die Abkürzung AI steht für das englische Wort „Artificial Intelligence“ und bedeutet auf Deutsch „Künstliche Intelligenz“, also KI. Künstliche Intelligenz gewinnt auch im Recruiting immer mehr an Bedeutung, da sie dazu beitragen kann, Ihre Effizienz zu steigern.

Was ist der Unterschied zwischen einer KI und einem Algorithmus? ›

Stattdessen ist es am besten, die Begriffe auf folgende Weise zu betrachten: Ein Algorithmus ist die Formel oder Anleitung zur Lösung eines Problems, KI nutzt Daten und Algorithmen, um Aktionen zu initiieren und Aufgaben zu erledigen.

Welche Art von KI ist ChatGPT? ›

ChatGPT ist eine spezielle Form der Konversations-KI, die es ermöglicht, natürliche Sprache zu verstehen und auf sie zu reagieren. Es basiert auf der Technologie des Generative Pre-trained Transformer (GPT), der es ChatGPT ermöglicht, Texte zu generieren und menschenähnliche Konversationen zu führen.

Ist Siri eine künstliche Intelligenz? ›

Siri ist zweifelsohne DIE KI Funktion schlechthin auf dem iPhone.

Ist ChatGPT eine schwache KI? ›

Sie sind definiert als mit uns vergleichbare Intelligenz. Warum Chat-GPT manchmal so wahnsinnig intelligent wirkt, obwohl es eine „schwache KI“ ist, liegt daran, dass es eine für uns sehr wichtige Sache kann: Sprechen.

Was wird eine KI niemals können? ›

Empathie ist die Fähigkeit, die Gefühle einer anderen Person zu verstehen und zu teilen. Dies ist eine Fähigkeit, die Menschen haben und Roboter nicht.

Was ist das Gegenteil von künstlicher Intelligenz? ›

Das Gegenteil von KI ist meiner Meinung nach „Natürliche Dummheit“ bzw. „Menschliche Blödheit (MB).

Welche KI Algorithmen gibt es? ›

Algorithmen für künstliche Intelligenz
  • Genetische Algorithmen.
  • Neuronale Netze.
  • Generative, Convolutional & Co.
  • Deep Learning.
  • Fazit.
Feb 22, 2021

Was ist Clustering KI? ›

KI-Clustering ist ein Teilbereich des maschinellen Lernens (ML), bei dem ähnliche Datenpunkte auf der Grundlage ihrer Merkmale gruppiert werden. Im Gegensatz zum überwachten Lernen verlässt sich KI-Clustering nicht auf vordefinierte Bezeichnungen oder Kategorien.

Wie hängen Algorithmen und KI zusammen? ›

Oftmals werden die Begriffe KI und Algorithmen fälschlicherweise gleichgesetzt. Algorithmen beschreiben einen definierten Rechenweg, der zu einem erwartbaren Ergebnis führt. Bei gleichen Eingaben bleibt auch das Ergebnis immer gleich – ähnlich einem Kochrezept. Zwar basiert auch Künstliche Intelligenz auf Algorithmen.

Wie funktionieren selbstlernende Algorithmen? ›

Selbstlernende Algorithmen nutzen vorhandene Datenbestände, um Muster und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und Lösungen zu entwickeln. Beispiele für den Einsatz von Machine Learning sind die Vorhersage des Kaufverhaltens der Kunden oder die Klassifikation von E-Mails in Spam und Nicht-Spam.

Welche KI Möglichkeiten gibt es? ›

  • Die 4 Typen der Künstlichen Intelligenz (KI)
  • Typ 1: Künstliche Intelligenz mit Reaktiven Maschinen (reaktive machine)
  • Typ 2: Begrenzte Speicherkapazität (lim. memory)
  • Typ 3: Theorie des Geistes oder Geisteshaltung (theory of mind)
  • Typ 4: Selbstwahrnehmung (self awareness)
Apr 2, 2019

Wie programmiert man eine KI? ›

Der langfristige Lösung wie man eine KI umsetzen kann ist, sie selbst programmieren zu lassen. Dazu benötigt man Data Scientists, die Erfahrung mit KI-Algorithmen haben und geübt sind, entsprechende Pakete einzusetzen.

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Author: Madonna Wisozk

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